Transportwege

Bahnhof Hennstedt

Er bestand aus einem Hauptgleis, mehreren Abstellgleisen, einer großen, gemauerten Viehverladerampe mit Pferch, einer Viehwaage, einem Wasserturm mit Kran zur Versorgung der Dampflok, einem Aborthäuschen, mehreren Güterschuppen und Viehställen und nicht zuletzt aus dem stattlichen Bahnhofsgebäude selbst, in dem sich neben den Warte-, Dienst- und Schankräumen auch zwei Dienstwohnungen befanden. 
Der Schankraum der Gaststätte diente zugleich als Warteraum 3. Klasse und Büro, in dem die Fahrkarten verkauft, Versandpapiere für den Gütertransport erstellt und alle mit der Abwicklung zusammenhängenden schriftlichen Arbeiten erledigt werden konnten.
Ein vom Kreis eingesetzter Bahnhofsvorsteher sorgte für den reibungslosen Betriebsablauf auf dem Bahnhof. Der Gastwirt Hoffeins pachtete zunächst die Bahnhofsgaststätte und wurde wenig später vom Hennstedter Bierverleger Sartori abgelöst. Bereits 1910 übernahm der Landwirt Johann Rodewald die Pacht der Gaststätte und im Zuge von Einsparmassnahmen 1931 auch die Position des Bahnhofsvorstehers, für die er eine entsprechende finanzielle Entschädigung erhielt. 
Nicht nur bei den stattlichen Bahnhofsgebäuden in Heide, Tellingstedt und Hennstedt, auch beim ‚rollenden Material’ wurde auf Repräsentation großer Wert gelegt. Dies zeigte ein für diese Kleinbahn hergestellter Salonwagen, der nicht die sonst übliche Bankaufstellung aufwies, sondern mit Konferenztisch und Kommode aus Mahagoniholz, einer gepolsterten Sitzgruppe, samtenen Vorhängen und Wandmalereien ausgestattet war. Im Volksmund wurde er auch ‚Landratswagen’ genannt und kaum benutzt, so dass man ihn später beim Niedergang der Bahn und dem Verkauf der Waggons als neuwertig angepriesen hatte. Im Gegensatz dazu fehlten an den Verladerampen technische Hilfsmittel zur Arbeitserleichterung wie z.B. Handkräne, was verschiedentlich bemängelt wurde.

Beginn und Auswirkungen auf das Dorf.

Mit dem Einsatz der Kleinbahn änderte sich der Alltag in Hennstedt spürbar. Der vorausgesagte Wirtschaftsaufschwung trat ein. Die Landwirte konnten nun im großen Ausmaß ihre gemästeten Schweine an die Viehhändler verkaufen, die für den Abtransport des Viehs per Bahn in die Städte sorgten. Im ‚Gegenzug’ war man dank der Transportmöglichkeiten durch die Bahn und der Einnahmen aus dem Verkauf der Schweine in der Lage, in größeren Mengen Kunstdünger einzukaufen, so dass der Ertrag auf den Feldern wesentlich verbessert werden konnte. In Heide entwickelte sich der Kleinbahnbetrieb zu einem großen Arbeitgeber, wovon auch Hennstedter profitierten. Neben dem Verwaltungspersonal benötigte man viele Handwerker wie Schlosser, Schmiede, Tischler, Elektriker und Streckenarbeiter, da ständige Reparaturen an den Gleisen und dem rollenden Material erledigt werden mussten.
Hennstedter Schüler, für die die Real- oder Oberschule in Heide vorher unerreichbar waren, konnten diese jetzt besuchen. Die Fahrpläne waren so ausgerichtet, dass die Schüler rechtzeitig ihre Schulen erreichen konnten.
Der Einsatz der Kleinbahn brachte nicht nur einen wirtschaftlichen Impuls ins bisher beschauliche Dorfleben. Da man bis zum Beginn des Bahnbetriebes nur Pferdefuhrwerke und seit kurzem ein paar Autos oder Fahrräder auf den Straßen von Hennstedt kannte, beeindruckten die dampfenden, rauchenden, zischenden und pfeifenden technischen Ungetüme besonders wirkungsvoll und wurden von den Hennstedtern und sicher ganz besonders von den kleinen Jungs bestaunt. Das städtische Leben in Heide – von den meisten Hennstedtern bisher aus der Ferne wahrgenommen - konnte man nun mit einer Fahrkarte dorthin selber spüren. Das bedeutete auch eine Abwechslung im dörflichen Alltag. Viele ungewohnte Eindrücke wurden aus der Stadt mitgebracht und neue Erkenntnisse gewonnen, die man bereits auf den Bahnsteigen oder in den Zugabteilen austauschen konnte. Die bisher nur schwer erreichbare ‚große’ Stadt Heide mit ihrem ‚bunten’ Leben war näher gerückt. 

Plan Bahnhofsgelände aus K.H. Schöning

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Postkarte Hennstedter Bahnhof (Archiv Dithmarscher Landesmuseum)

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In der Bahnhofsgaststätte

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Hennstedter Landbote 1.Sept. 1960

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Die Kleinbahn

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